Unsere Geschichte

1978 wollte der Rat der Gemeinde Kirchlengern die Schule im Dorf auflösen und die Südlengeraner Kinder mit dem Bus zur Schule nach Häver fahren lassen. Damals glaubte man nämlich, es gäbe in Südlengern-Dorf allein nicht genug Kinder, um wenigstens eine Klasse pro Jahrgang bilden zu können.

Bis 1978 waren auch Grundschüler aus Kirchlengern neun Jahre lang in Südlengern (bzw. Häver) zur Schule gegangen. Nachdem aber die Hauptschule einen Neubau bekommen hatte (die heutige Gesamtschule) und das Schulhaus gegenüber dem Rathaus nicht mehr benötigte, wollte die Gemeinde dieses Gebäude nun als Grundschule für den Ortsteil Kirchlengern nutzen.

Die Prognosen für die Grundschule Südlengern-Dorf sahen in der Tat düster aus. Und an Zahlen von Kindern, die bereits geboren waren, ließ sich nun mal nicht rütteln. Als die Gemeinde deshalb überlegte, die Kinder aus Südlengern in die neue Grundschule im Ortszentrum Kirchlengern aufzunehmen, stieß dieser Gedanke bei betroffenen Familien durchaus auf Verständnis. Vermutlich hatten aber die meisten Südlengeraner von dem Plan, „ihre“ alte Schule zu schließen, wenig mitbekommen.

Das änderte sich schlagartig, als die Gemeindeverwaltung eine neue Variante vorstellte, mit der sie die Problematik der ebenfalls sehr kleinen Grundschule in Häver in den Griff zu bekommen hoffte. Die Kinder aus Südlengern sollten nun mit dem Schulbus nach Häver fahren. Kurz vor der Beratung dieser Lösung am 13. März 1978 im Schulausschuss der Gemeinde Kirchlengern formierte sich im Dorf erster Widerstand.

Günter Wehmeier fragte in einem Leserbrief, ob man nun schon 6jährige Kinder der Hetze des Alltags und einer täglichen Schaukelei im Bus aussetzen wolle und forderte unabhängig davon, die „Schule im Dorf“ zu lassen: „Wer ist eigentlich auf den Gedanken gekommen, unsere Schule, in die schon unsere Eltern und Großeltern gegangen sind, aufzulösen?“

Diese Frage rüttelte Südlengern auf. Heinz Bunk brach in einem weiteren Leserbrief eine Lanze für kleine, überschaubare Schulsysteme und plädierte für den Erhalt einer „ortsnahen Schule in vertrauter Umgebung“. Auch er wandte sich gegen die Schulbus-Lösung: „Die Ersten (Kinder) müssten wahrscheinlich schon eine Stunde vor Schulbeginn an der Haltestelle stehen, also eine Wegzeit von einer Stunde vor und nach dem Unterricht in Kauf nehmen.“ Auch die Abstimmung von Stundenplänen mit Busfahrplänen sei oft problematisch.

Zur Sitzung des Schulausschusses der Gemeinde Kirchlengern erschienen viele Zuhörer aus Südlengern. Das gleiche Bild bot sich zwei Tage später während der Ratssitzung. Der Rat vertagte die Angelegenheit und beschloss, die Elternschaft aus Südlengern erneut in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Zu einer von verschiedenen Seiten geforderten Bürgerversammlung betonte Gemeindedirektor Depke, die müsse gegebenenfalls aus Eigeninitiative zustande kommen.

Zunächst setzte sich aber der Schlagabtausch in der Presse fort. Der Vorsitzende der Schulpflegschaft Karlheinz Remmert begründete, weshalb die Elternvertretung keinen Widerspruch erhoben hatte und verteidigte das Konzept der Verwaltung. Es sei ein sinnvoller Weg, Steuergelder einzusparen. Die Grundschule Südlengern „würde noch nicht einmal die Voraussetzungen einer Zwergschule erfüllen“. Und was sollten Eltern aus Kirchlengern sagen, wenn Kinder aus dem dortigen Ortsteil, „eventuell sogar Kinder, die in unmittelbarer Nähe der Schule wohnen“, nach Südlengern gefahren werden müssten?

Die Auseinandersetzung wurde immer heftiger – zum Teil polemisch, überwiegend aber auf sachlicher Grundlage – geführt.

In Südlengern hatte sich am 29. März 1978 eine „Interessengemeinschaft zur Erhaltung der Grundschule Südlengern-Dorf“ gebildet.

Insgesamt entspreche die Fortführung zweizügiger Grundschulen in Häver und Südlengern bei Verzicht auf einen weiteren Schulstandort am besten der räumlichen Struktur der Großgemeinde. Der Standort der Grundschule Kirchlengern im verkehrsreichen Ortskern sei überaus ungünstig, während die Schule in Südlengern einen idealen Standort „im Grünen“ habe. Den dort bei einer zweizügigen Lösung zu sehenden Raumbedarf könne man abdecken, indem man mit verhältnismäßig geringem Kostenaufwand zwei am alten (Haupt-)Schulgebäude in Kirchlengern vorhandene Pavillons nach Südlengern verlagere.

„Das Modell der zweizügigen Grundschulen in Häver und Südlengern-Dorf hat funktioniert und funktioniert noch“, hieß es weiter im Konzept der Interessengemeinschaft, „es bedarf keiner Umgewöhnung, keiner Umkehrung des Denkprozesses. Und man zwingt den Eltern in Südlengern keine Schule auf, die jede Ortsnähe für sie vermissen lässt.“

Eine von der Interessengemeinschaft in den ersten Apriltagen durchgeführte Unterschriftenaktion ergab ein überwältigendes Votum der Bürger im Dorf für die Forderung: „Unsere Schule soll in Südlengern bleiben!“ Und am 10. April 1978 sprachen sich die Eltern der Grundschüler in Klassenpflegschaftssitzungen mit großer Mehrheit für die inzwischen auch von der Interessengemeinschaft favorisierte Lösung aus, eine dreizügige Grundschule mit zwei Schulgebäuden in Kirchlengern-Mitte und Südlengern einzurichten.

Eine wichtige Vorentscheidung fiel am 15. April 1978 in einer Zusammenkunft zwischen Vertretern der Schulpflegschaft Südlengern, der Interessen-gemeinschaft und Gemeindedirektor Hans Depke. An dem Gespräch nahmen auch Gemeindepolitiker und Schulrat Thermann als Vertreter des Kreises Herford teil. Dem vereinbarten Kompromiss stimmte wenig später der Rat der Gemeinde Kirchlengern zu.

Das Ergebnis ließ die Südlengeraner jubeln. Es kam zwar zu einer dreizügigen „Schulallianz“, die wurde aber nun von Kirchlengern-Mitte und Häver gebildet. Die Grundschule Südlengern dagegen blieb selbständig. Um zu gewährleisten, dass pro Jahrgang mindestens eine Klasse gebildet werden konnte, umfasste der Schulbezirk Südlengern zusätzlich die Gutsbezirke Steinlake und Oberbehme und vom Ortsteil Kirchlengern den Bereich zwischen Else und Bahnlinie.

Das Misstrauen der Südlengeraner, die Politiker könnten nach einer Atempause erneut zum Streich gegen ihre geliebte Schule ausholen, ließ sich aber nicht so schnell beseitigen. Man sollte doch besser auf der Hut sein, hieß es, und so kam es im Dezember 1978 zur Gründung des „Schulvereins Grundschule Südlengern“ (sehr bewusst verzichtete man auf den Begriff „Förderverein“).

Unvergessen ist das Schulfest zum 100jährigen Bestehen der Schule im Jahre 1981. (Dieses Jubiläum bezog sich auf die Einweihung des Schulgebäudes im Jahre 1881, während 1992 der 250. Geburtstag der Schule – bezogen auf die ersten Berichte über eine Schule in Südlengern aus dem Jahre 1742 – gefeiert werden konnte.)

Aber auch heute noch, nachdem längst niemand mehr über eine Auflösung der Schule nachdenkt, unterscheidet sich der Schulverein in seiner Mitgliederstruktur von „herkömmlichen“ Schulfördervereinen. Viele Mitgliedschaften aus dem ersten Vereinsjahr bestehen immer noch. Ein Beweis dafür, wie verbunden die Südlengeraner nach wie vor ihrer „im Dorf gebliebenen“ Schule sind!